FRED
ZIEGLER
Gelb greift Raum,
scheint auszufließen, akzentuiert sich wieder, strahlt punktuell
ab... und lädt sinnlich ein.
Der Künstler Fred Ziegler hat Gelb zum Angelpunkt seines Schaffens
gewählt. Programmatisch präsentiert er in einem früheren
Katalog Aussagen über das Phänomen dieser Farbe :``(...) in
ihrer Reinheit und hellem Zustande angenehm und erfreulich, in ihrer
ganzen Kraft etwas Heiteres und Edles, (...) dagegen äußerst
empfindlich und macht eine sehr unangenehme Wirkung, wenn sie beschmutzt
oder einigermaßen ins Minus gezogen wird,(...)´´ -
zwischen dem Zitat aus Goethes Farbenlehre und Rudolf Steiners `Gelb
ist der Glanz des Geistes´ liegt ein endloses Spektrum an Einsatzmöglichkeiten,
an Sinn - und Symbolgebung. Für Ziegler ist es die Freiheit, aus
diesem Spektrum seine Kunst zu entwickeln. Er entgeht dadurch der Eindeutigkeit
des Künstlers, der sich einer Farbe oder einem Modus verschrieben
hat. Sein Vorgehen zielt nicht, wie etwa das Werk von Yves, le Monochrome,
auf die Absolutheit der Farbe, sondern auf die Vielfalt ihrer Ausdrucksmöglichkeiten.
Anfangs war ( und ist es auch noch ) die leuchtende Palette der Sonnenländer
ein Moment der künstlerischen Wesensfindung durch die Farbe. Heute
geht es um das Ausloten des vielfältigen und gegensätzlichen
Bedeutungsträgers Gelb:
Von der energetischen Seite der positiven Strahlung bis zur Signalwirkung
negativ gepolter Inhalte. Gelb ist Energiezone, so oder so, und kann
unerschöpflicher Gegenstand künstlerischer Forschung und Kombinatorik
sein.
Die Pluralität der Mittel ist für einen assoziativ Arbeitenden
wie Ziegler die adäquate Umsetzung. Er entzieht sich jeder kategoriellen
Zuteilung, die Unterwerfung unter die Domäne des Gelb ist die einzige
Konstante. Er ist ein engagierter Spurensucher im weiten Terrain, seine
ars combinatoria zeichnet sich durch Erfindungsgabe und Ironie aus.
In seiner Objektplastik, den Installationen und geometrischen Wand -
arbeiten läßt er die Gegenstände und die Umstände
Kunst werden. Viele seiner Arbeiten profitieren von der Schlichtheit
einer Idee, die ohne großen Aufwand umgesetzt wird. In der Transformation
von Alltagsgegenständen kann hingegen die Wirkung viel weittragender
sein, als die Bedeutung des Gegenstandes war - das liegt unzweifelhaft
auch am Rollenspiel des Gelb.
Manche der Plastiken haben ganz handwerklichen Charakter, obwohl ihre
Herkunft in der Konzeptkunst liegt. Ein Beispiel dafür sind die
Gefäße, die von einem sizilianischem Töpferbetrieb als
Modelle im Maßstab 1:100 aus einem Katalog der Entwicklungsgeschichte
für deutsche Faulschlammbehälter nachgeformt und gelb glasiert
wurden : Ihrer Form und Größe nach wirken sie wie historische
Amphoren, sie sind auch von einem Amphorenmacher gefertigt, doch die
Vorlage ist die Standardisierung von Sammelbehältern für Jauche
in deutschen Ballungsgebieten .
Der kulturhistorische Spannungsbogen von einem Behältnis, in dem
wertvolle Lebensmittel gelagert wurden, zu einem Topf für ein schlammiges,
stinkendes Endprodukt ist der Aussagekern dieser Arbeit.
So haben Fred Zieglers Objekte und Eingriffe häufig einen ironisch
und kulturkritischen Aspekt: Die Plastik aus dem in Israel entstandenen
Zyklus, in der vier gelbe Zitrusfrüchte ein rechteckiges Stahlrohrgestell
krönen, oder die Installation zum Tantalusmythos, in der verschiedene
Gebrauchsgläser mit gelber Flüssigkeit auf einer Treppe arrangiert
sind.
Die Vor - Ort - Arbeiten in Sri Lanka verwenden das Holz des Jackfruit
- Baumes, der heute unter Naturschutz steht, Dieser Baum hält für
die Eingeborenen alles Überlebensnotwendige bereit und war früher
auch Lieferant für die Möbelherstellung.
In der Serie `Home´werden Fragmente von lokalen Stühlen und
Betten zu eigenständigen plastischen Gebilden zusammengesetzt und
wie Beutestücke an Baumstämmen aufgehängt: die Diskrepanz
des Indoor zum Outdoor , hier als zivilisatorische Erziehung zum Möbel
contra dem freien Leben in der Natur, läßt die Intention
dieser Werkgruppe eher erfühlen als wissen.
Bestechend ist bei den Kompositionen die Ästhetik der Form, die
neben der kritischen Beobachtung eine große Rolle spielt. Ziegler
ist bei aller Ironie und bei allem Intellekt auch ein poetischer Geist,
der Schönheit auszudrücken versucht.
Dies kann im Bereich von Alltagsobjekten sein, wenn etwa Plastikmatten
für die Rutschsicherheit in der Badewanne in ihre Noppenvertiefungen
genau passende gelbe Glaskugeln gelegt bekommen und sich so ein schönes
Relief ergibt,
Eine Serie gelber halbierter Plastikkanister oder das `Ugly - Objekt´,
ein Haufen mit Farbpigment durchmischter, in Plastikfolie verpackter
Müll werden als eigenständige bildhauerische Form präsentiert
- so funktioniert die Alchemie des Künstlers. Objektwitz ist immer
dabei, auch wenn Ziegler sich eines Wohnwagens annimmt und einfach alle
Lichtquellen mit gelben Leuchtkörpern vertauscht - und ein völlig
anderes Ambiente erschafft.
Ein Kennzeichen seines Werks ist der selbstverständliche Wechsel
von Installationen und Wandplastiken für Innenräume zu Eingriffen
in der Natur und im Straßenraum . Sie entstehen nach dem gleichen
geometrischen Prinzip. Durch die konsequente Verwendung gelber Teile,
ob als Ready - made oder als eingefärbtes Objekt, wird dabei stets
auch auf die Malerei verwiesen. In verschiedenen Serien werden gleich
geformte, geometrische Holzstücke aneinandergefügt oder gereiht
und bilden als Fortsetzung von Malerei eine Reliefform , die durch Klarheit
besticht . Die Methode ist auf große Flächen übertragbar,
wenn etwa mit Holzpaneelen als gelber quatratischer Raster ganze Wände
bespielt werden, oder wenn eine wandfüllende gelbe Tapisserie aus
gleichmäßigen horizontalen Wellenlinien aufgebaut wird. Die
gelben Dreiecksplatten, die während einer Aktion einen Mühlbach
bis zum spitzwinkligen Stauwehr entlangfließen, um dort in natürlicher
Bewegung eine große Dreiecksform zu bilden, funktionieren ähnlich.
Der Künstler benutzt die Bachlandschaft als Aktionsrahmen, innerhalb
dessen sich die Kunst von selbst formiert.
Barbara Rollmann
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ANDREW
STAHL
THE BEARABLE LIGHTNESS
OF BEING
A feeling of alienation informs Andrew Stahl's new paintings, and also
a sense of distortion. This may be the result of distance, real or metaphorical:
either that foreignness experienced in places where language, religion
and customs are unfamiliar or a private perception of the strangeness
of a body and what it means to inhabit it. (Stahl hints that the two
can be equated.) The pretext for these works is travel: the feeling
of being lifted like a child and transported effortlessly, with all
the resulting distortions. For as space and time conflate, scale becomes
meaningless, perception can no longer be trusted and under- standing
of others diminishes to the point of near incomprehension. In foreign
parts, ordinary behaviour and customs have other meanings; even eye-contact
seems to serve a ditferent purpose.
Disorientation manifests
itself in various ways. Our approach to the body, for example, is governed
by a Greek sense of proportion and an accompanying notion of the grotesque,
in other words a heightened awareness that human beings consist of flesh
as well as spirit. The ensuing revulsion serves as a momentary reminder
that the body is a thing, a weight, a burden - brute matter seen as
distinct from other components which distinguish a person - usually
in a motionless position.
A visit to the Far
East (Vietnam, Laos, Burma, Thailand and Cambodia) may have prompted
such reactions. Stahl's vast female heads gaze directly at the viewer,
communicating by gesture and mood rather than by identifiable signs.
His reaction to their repose is one of fascination and respect; large,
delicate brushstrokes trace the contours of their faces as lightly as
a caress. Yet how difficult it is to torget the scale of these figures.
(In Burma, Stahl saw the biggest statue of the Buddha in the world.)
In a recent painting, against a blue sky two crossed legs are visible:
abnormal to a degree, the alarming viewpoint exaggerating the rate of
expansion of one in particular. This is flesh with a vengeance, an oversized
cartoon we dare not ignore. Against another blue sky in another picture,
one side of a face appears, its long, nastily coloured tongue protruding
for no apparent reason.
Adrift in a world
of lost connections, the viewer is confronted by large things and small
things. Concentrating on either is a mistake. So is trying to "understand".
For as paintings become note-pads, the important and the irrelevant
are jumbled: next to a vast airliner, tiny doodles appear. Similarly,
the odalisques demand attention, but of a different type: submission
to a state beyond the quotidian. Stahl could be attacked for ethnocentricity.
Conversely, he could be praised for identifying barriers between the
cultures of different races and countries. Yet none of these summaries
describes what he is doing: testifying to the fact that barriers exist,
responding to the presence of those barriers and suggesting where the
roots of the problem lie.
STUART MORGAN February 1995
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